Die Forderung nach einer Legalisierung von Cannabis ist unter Ökonomen nicht neu. Der liberale Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Milton Friedman hatte sie schon 1972 aufgestellt. Zahlreiche andere Ökonomen haben diese Forderung in der Folgezeit wieder aufgegriffen. Das Hauptargument der meisten Ökonomen für eine (regulierte) Freigabe von Cannabis liegt darin, dass diese gerade problematische Nutzer besser schützt als die Prohibition – so paradox es sich anhören mag. Faktisch ist Cannabis heute ziemlich problemlos zu bekommen, auch und gerade für Jugendliche. Illegale Dealer haben jedoch weder ein besonders ausgeprägtes Interesse am Jugendschutz noch an einer Qualitätssicherung im Sinne eines Gesundheitsschutzes. Vielmehr werden immer wieder höchst gesundheitsschädliche Substanzen beigemischt, von der Pestizidbelastung der Cannabispflanzen ganz abgesehen. Staatliche Qualitätsvorgaben und -kontrollen finden naturgemäß auf dem Schwarzmarkt nicht statt. Zugleich haben Dealer ein Interesse daran, ihren Kunden auch härtere Drogen zu verkaufen, weil Hanf relativ leicht selbst angebaut werden kann. Während es nachfrageseitig mindestens umstritten ist, ob Cannabis als Einstiegsdroge wirkt, gibt es angebotsseitig durchaus einen logischen Zusammenhang. Denn zumindest einige Cannabisdealer haben auch deshalb andere Drogen im Angebot und ein damit einhergehendes Eigeninteresse, um Nutzer zum möglichst dauerhaften Konsum margenstarker Drogen zu bewegen und so mehr Geld zu verdienen. Eine Legalisierung und kontrollierte Freigabe kann den Schwarzmarkt deutlich reduzieren. Wird Cannabis legalisiert, werden Nutzer ihre Nachfrage zumindest in großen Teilen lieber bei legalen Händlern befriedigen als auf dem Schwarzmarkt – jedenfalls solange legales Cannabis hinreichend verfügbar und nicht zu teuer ist. Die positiven Auswirkungen einer Legalisierung des Cannabiskonsums für Jugend- und Gesundheitsschutz sind das Kernargument für das Ende der Prohibition. Aber auch fiskalische Aspekte sprechen für die kontrollierte Freigabe.
3,6 Millionen Konsumenten gibt es derzeit. Zur Ermittlung der möglichen Staatseinnahmen muss der Gesamtbedarf an Cannabis auf einem legalisierten Markt geschätzt werden. Naturgemäß liegen keine amtlichen Zahlen über die heute konsumierte Cannabismenge vor. Anhand von Prävalenzraten lassen sich jedoch Rückschlüsse auf den heutigen Konsum ziehen. Diese Prävalenzraten basieren auf den sogenannten epidemiologischen Suchtsurveys, die in Deutschland bisher im Drei-Jahres-Rhythmus durchgeführt werden. Erhoben wird dazu bei einer repräsentativen Stichprobe, welcher Anteil der Bevölkerung innerhalb verschiedener Altersgruppen eine bestimmte Substanz mindestens einmal in den letzten 30 Tagen (30-Tages-Prävalenz), mindestens einmal in den letzten zwölf Monaten (Zwölf-Monats-Prävalenz) oder mindestens einmal im ganzen Leben (Lebenszeit-Prävalenz) konsumiert hat. Befragt werden die Teilnehmer nach ihrem Konsum von Alkohol, Tabak, illegalen Drogen sowie Medikamenten. Mit den Umfragedaten lässt sich ermitteln, dass in Deutschland heute gut 3,6 Millionen Erwachsene Cannabis konsumieren, etwa 1,5 Millionen davon nicht nur gelegentlich. Hinzu kommen faktisch auch Minderjährige, deren Konsum bisher nicht systematisch erhoben wird. Auf Basis dessen und ausgehend von einem durchschnittlichen Bruttopreis von zehn Euro je Gramm lassen sich insgesamt Steuereinnahmen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro ermitteln. Der Preis von zehn Euro ergibt sich daraus, dass dies in etwa dem heutigen Schwarzmarktpreis entspricht und der Preis auf dem legalen Markt nicht zu deutlich über dem Schwarzmarktpreis liegen darf, um den Schwarzmarkt effektiv einzudämmen. Zudem werden für Deutschland perspektivisch vergleichbare Produktions- und Marktstrukturen angenommen wie in Staaten, in denen Cannabis bereits legal angebaut, verarbeitet und vertrieben wird. So kommen etwa in Colorado rund 69 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze auf jede verkaufte Tonne Cannabis. Für Deutschland mit einem geschätzten Gesamtbedarf von 400 Tonnen würden sich entsprechend rund 27.600 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze ergeben. Auf Basis der international beobachtbaren Produktions- und Distributionskosten wäre eine Cannabissteuer von 4,50 Euro pro Gramm möglich, ohne den Zielpreis von zehn Euro pro Gramm inklusive aller Steuern nennenswert zu überschreiten. Als mögliches Steueraufkommen ergibt sich dann ein Aufkommen aus der Cannabissteuer (1,8 Milliarden Euro), der 19-prozentigen Umsatzsteuer (650 Millionen Euro), Gewerbe- und Körperschaftssteuer (85 Millionen Euro) sowie Lohnsteuer (280 Millionen Euro). Zusätzlich ergibt sich ein Sozialversicherungsaufkommen von etwa 526 Millionen Euro.
Durch Einsparungspotenzial bei Polizei und Justiz im Rahmen der Rechtsdurchsetzung sind Kosteneinsparungen von insgesamt rund 1,36 Milliarden Euro möglich, die sich wie folgt aufteilen: Bei der Polizei lassen sich etwa 1,1 Milliarden Euro einsparen, die Kosten der Staatsanwaltschaft, der Gerichte und des Justizvollzugs werden auf rund 313 Millionen Euro geschätzt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es durch die Legalisierung nicht unbedingt zu einem Stellenabbau kommen wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass frei gewordene Kapazitäten anders genutzt werden können. Sofern dies für die Steuerzahler mindestens einen Wert hat wie die damit verbundenen Kosten, die dann nicht mehr zur Verfolgung von Cannabisdelikten aufgewendet werden müssen, entsteht hier ein volkswirtschaftlicher Mehrwert. Insgesamt ergibt sich ein Betrag zum öffentlichen Haushalt von rund 4,7 Milliarden Euro, der durch die Legalisierung von Cannabis realisiert werden kann, einerseits durch zusätzliche Einnahmen (Steuern und Sozialabgaben) und andererseits durch eingesparte Ausgaben. Diese Mittel könnten auch für präventive und kurative Maßnahmen eingesetzt werden. Wie sich die Gesundheitskosten nach einer Legalisierung entwickeln werden, ist nicht leicht zu prognostizieren. Gehen wir aber davon aus, dass der problematische Konsum, insbesondere bei Teenagern, sogar eher sinken als zunehmen wird – so wie dies in einigen US-Bundesstaaten heute zu beobachten ist –, so entstehen auch keine zusätzlichen Gesundheitskosten. Im Gegenteil ist dann sogar eher von sinkenden Gesundheitskosten auszugehen, weil gesundheitliche Schäden, die heute durch Streckmittel und Verunreinigungen entstehen, in einem legalisierten Markt weitgehend entfallen dürften.