TECHNOLOGIE & ZUKUNFT

Künstliche Intelligenz und der Oceans Award

Was haben Ozeane mit Künstlicher Intelligenz zu tun? Die Geschichte einer ungewöhnlichen Beziehung und eines außergewöhnlichen Awards.
Autor: 
, Fotograf: 
Advertorial
Sie lesen:  
Künstliche Intelligenz und der Oceans Award

Die grundlegenden Fakten sind bekannt: 72 Prozent der Erdoberfläche sind von Ozeanen bedeckt. Diese sind im Durchschnitt 3700 Meter tief, und das Wissen darüber, was in dieser riesigen Wassermenge von rund 1,3 Milliarden Kubikkilometern vor sich geht, ist verschwindend gering. Ja, die Ozeane schultern 90 Prozent des weltweiten Frachtaufkommens und haben bisher 90 Prozent der Wärme aus der Erderwärmung sowie jährlich rund 30 Prozent des vom Menschen verursachten CO2 aufgenommen. Wir wissen, dass es immer mehr Plastik und immer weniger Fische in den Weltmeeren gibt. Und?

Um überhaupt eine Chance zu haben, die Weltmeere zu verstehen oder gar zu schützen, muss eine Basis an fundiertem Wissen über die Weltmeere vorhanden sein. Und da fängt das Problem an. Es kümmern sich zu wenig Menschen um diese wichtigen Themen. So schätzt man, dass es vielleicht ein paar hundert KI-Startups zu Meeresthemen gibt. Im Vergleich dazu sind es viele tausende von
Startups weltweit, die sich mit KI (Künstliche Intelligenz) zur Marketingoptimie-rung beschäftigen.

Wer die Ozeane verstehen will, muss die vielen Milliarden Daten erst einmal in einen Sinnzusammenhang bringen. Was von Tauchern beobachtet, von Bojen und Sonden gemessen, von Aufklärungssatelliten fotografiert oder von Wettersatelliten gemeldet wird, muss in Sinnzusammenhänge gebracht werden, damit es nicht nur Datenmüll ist, sondern Erkenntnisse bringt. Wie wollen Behörden die Schiffe finden, die ohne eine Fangquote fischen? Wie können Ranger Meeresschutzgebiete beobachten oder gar bewachen? Wie lassen sich gefährliche Algenblüten vorhersagen oder die Entwicklung des Artenbestandes am Meeresboden bestimmen? Dies sind Fragen, die bis vor Kurzem unmöglich zu beantworten waren. Immer wieder fehlt es an aktuellen Daten, an Vergleichsdaten, an Auswertungsmöglichkeiten. Dann müssen spezialisierte Forschungsschiffe ausrücken, von denen es weltweit gerade einmal 16 an der Zahl gibt. Sie müssen aufs offene Meer hinausfahren, ihre Sonden und Strömungsmessgeräte in die richtigen Wasserwirbel oder unter das Eis absenken und so weiter. Das Sammeln von Messdaten kostet schnell ein paar hunderttausend Euro pro Forschungswoche, damit ein Doktorand seine Doktorarbeit schreiben kann, die vielleicht ein paar Jahre später veröffentlicht wird. Dabei könnten die Daten für andere Forschungsteams oder zur besseren Planung von Offshore-Windparks mehr als nützlich sein.

In den letzten Jahren haben einige Ozeanographen und Klimaforscher immer häufiger die Köpfe mit KI-Spezialisten zusammengesteckt. Allerdings kennen sich KI-Profis nur selten mit Meeresmodellen aus. Die meisten eher mit Marketingoptimierung, Finanzanalysen und Sprachmodellen. Damit lässt sich bekanntlich viel Geld verdienen.

Hier kommen die Denker oder besser Vordenker der Deutschen Meeresstiftung und von AI Hamburg (AI steht für Artificial Intelligence) ins Spiel. Sie haben einen Plan entwickelt, wie man die Forscher und Programmierer aus ihren Start-ups oder Klimainitiativen vielleicht stärker in die Öffentlichkeit bringen und den Austausch untereinander verstärken könnte. Das könnte zu einer Explosion des Wissens über die Ozeane führen. Weltweit wird bereits an Lösungen gearbeitet, wie die Logik und Rechenleistung von KI-Anwendungen mehr Wissen aus den vorhandenen Daten der Ozean- und Klimawissenschaften extrahieren kann, um aktuelle Probleme mit den richtigen Lösungen anzugehen. Jetzt kommt es darauf an, möglichst schnell die effizientesten Projekte mit guten Datengrundlagen und praktikablen Anwendungen zu finden und sie poten-ziellen Investoren vorzustellen, um ihnen den Zugang zu Geld, Personal und weiteren Daten zu erleichtern. Die beiden Faktoren Zeit und Geld sind dabei von enormer Bedeutung. Wenn man bedenkt, in welch kurzer Zeit z.B. Chat GPT 4 zu Chat GPT 40 weiterentwickelt wurde (innerhalb von 14 Monaten wurden vermutlich mehrere hundert Millionen Dollar investiert), kann man sich das leicht vorstellen. Bei den Ozeanen kommt hinzu, dass sich der Zustand der Meere von Monat zu Monat verschlechtert. Die Temperaturen des Oberflächenwassers steigen ständig. Ein Korallensterben jagt das nächste, die Stürme werden immer heftiger und häufiger und gefährden das Leben an den Küsten. Da ist es gut, dass nach Jahrzehnten der Meeresforschung der Meeresschutz endlich Gestalt annimmt. Das hat sich die Weltgemeinschaft mit mehreren UN-Beschlüssen fest vorgenommen. Vor zwei Jahren wurde die Konvention über die biologische Vielfalt verabschiedet, mit dem Ziel, bis 2030 auch mindestens 30 Prozent der Meeresgebiete unter Schutz zu stellen. Und die internationale Biodiversitätskonvention 2023 hat das Ziel, die biologische Vielfalt weltweit zu erhalten. Der Wille ist da. Aber wer kann die wichtigen Daten liefern, damit auch die richtigen Maßnahmen ergriffen werden?

„Am besten loben wir einen Preis aus. Dann sehen Bewerber, Investoren und Behörden schneller, welche neuen Entwicklungen die Fachwelt für besonders spannend hält“, sagt Kai Pohlmann, einer der Gründer der Deutschen Meeresstiftung. Doch wer ist die Fachwelt? „Dafür brauchen wir möglichst bekannte Ozeanographen, Investoren, Klimaforscher, Raumfahrt-
experten, Artenschützer und viele mehr. Je bekannter und qualifizierter die Jury ist, desto besser werden die Einreichungen und die Entscheidungen“, sagt Kai. Eine einfache Überlegung. Doch wie überzeugt eine kleine Stiftung aus Deutschland die Besten der Welt von einer Juryteilnahme? Indem man deutlich macht, dass nur die Besten in der Jury sitzen, dann verstehen die anderen die Ernsthaftigkeit und machen auch mit. Zum Glück hatte Kai mit der Deutschen Meeresstiftung eine respektable Absenderadresse und nach immerhin zehn Jahren Stiftungsarbeit einige bestehende Kontakte im Gepäck. Also anrufen, auf Konferenzen mit den besten Rednern sprechen, sich bei LinkedIn vorstellen lassen und viel herumtelefonieren. Dann hatte er sie beisammen, Menschen, deren Namen in der Fachwelt Gewicht haben, wie Fabien Cousteau, der nicht nur den Namen seines Großvaters trägt, sondern aktuell daran arbeitet, eine groß angelegte Forschungsstation auf dem Meeresboden zu errichten – dem Proteus-Projekt. Ebenfalls dabei waren der Gastgeber und Organisator des weltweit renommierten Ocean Summit, Charles Goddard, Editorial Director bei der renommierten The Economist Group, und der vielfach ausgezeichnete Vincent Pieribone, Pro-fessor an der Yale School of Medicine und Co-CEO von OceanX, einem Projekt, das mit eigenem U-Boot mit Hilfe von KI den Genpool im Meer erfasst, bevor es zu spät ist. Der Buchautor Prof. Callum Roberts, dessen Buch „Der Mensch und das Meer“ zu den meistgelesenen Büchern über Ozeane gehört, der Investor Francisco Saraiva Gomes, Gründer eines der größten Fonds, der in Ozeanprojekte investiert, und natürlich Olaf Groth, CEO von Cambrian.ai, Professor an der Berkeley Haas School of Business und Mitglied der Global AI Governance Alliance des Weltwirtschaftsforums Davos, sagten sofort zu. Insgesamt konnten 15 Experten gewonnen werden. Mit dieser hoch-karätigen Jury war es möglich, die Mittel für die Preisgelder und die Bewerbung des Awards aufzubringen und mit der eigentlichen Arbeit zu beginnen.

Um die Öffentlichkeit zu erreichen, brauchen die Startups und Initiativen zunächst ihr Fachpublikum, das sich aus Experten aus den Bereichen Ozeane und KI zusammensetzt. Also wurde nicht nur eine große Fachveranstaltung gewonnen, sondern gleich drei, bei denen die Gewinner ihre Konzepte und Lösungen auf der Bühne präsentieren können. Glücklicherweise war die weltgrößte maritime Fachmesse, die SMM in Hamburg, sofort Feuer und Flamme, als sie von dem Projekt hörte. „Das muss als Erstes bei uns präsentiert werden“, sagte der neue SMM-Chef Christoph Lücke zu Ragnar Kruse, dem Gründer von AI Hamburg. Und schon war eine der wichtigsten Meeresveranstaltungen an Bord. Auch das Forum Oceano, die aufstrebende Ozean-Wirtschaft in Portugal, wollte sofort dabei sein. Doch die größte Frage blieb: Wie kommt man an die Champions von morgen heran, die irgendwo in Afrika, Asien oder Europa an ihren Lösungen arbeiten? Man muss viel mit vielen Multiplikatoren reden und chatten. Gut, dass es dafür LinkedIn gibt. Ein bisschen Online-Werbung half und nach wenigen Monaten kannten immer mehr Player auf der ganzen Welt das Projekt „AI for the Oceans Award“. Doch die Bewerbungen kamen eher tröpfchenweise. Kurz vor Einsendeschluss waren gerade einmal zehn Bewerbungen eingegangen. Harry Kratel von AI Ham-burg, der den AI for the Oceans Award mitentwickelt hat, und Kai Pohlmann lief es kalt den Rücken hinunter. Noch einmal alles aktivieren, Mails schreiben, in Foren posten, mit Organisationen sprechen, damit diese ihren Beitrag noch einmal promoten. Und dann passierte das, was viele Lehrer und Professoren aus eigener Erfahrung kennen. In der Nacht vor Einsendeschluss trudelten die Bewerbungen ein. Insgesamt 70 Bewerbungen aus 36 Ländern der Welt. „Etwas weniger Showdown-Erfahrung wäre auch gut gewesen“, meint Harry Kratel.

Dann kam die Jurysitzung. Für einige Teilnehmer war es fast Nacht, für andere früh am Morgen. Einige waren auf Forschungsschiffen oder im Urlaub. Aber alle schalteten sich ein. Sie hatten ihre Vorauswahl getroffen. Schnell hatten sich die Profis auf eine Shortlist von zehn Kandidaten geeinigt. Es war eine Freude, die Diskussion zu verfolgen, in der die Experten neugierig die unterschiedlichen Sichtweisen von Investoren oder KI-Experten verfolgten. Dann die finale Abstimmung mit einem überraschenden Ergebnis. Obwohl es Einreichungen aus den Bereichen Schiffsoptimierung zur Treibstoffeinsparung, Robotik, Satelliten, Plastikmüll, CO2-Reduktion etc. gab, wurden drei Finalisten ausgewählt, die sich alle mit dem Thema Ozean-Monitoring beschäftigen, um bessere Daten zu sammeln oder bestehende Daten besser zu verknüpfen. Auf die Shortlist kamen die eher etablierten Projekte. Projekte, die bereits bewiesen haben, dass sie Prozesse managen, Investoren begeistern und Anwendungen programmieren können. Solche Managementfähigkeiten sind bekanntlich entscheidend, um Märkte zu verändern und Probleme zu lösen. Das sind die drei Projekte, die das Vertrauen der Jury gewonnen haben, und der Gewinner ist HUB Ocean.

Mehr Informationen erhalten Sie unter www.aicenter.ai.hamburg/en/ai-for-the-oceans-award/